Die EAV war immer und überall
Es ist mir peinlich. Ehrlich. Auf die Frage, wann ich denn die EAV kennenlernte, wann ich zum Fan wurde, kann ich leider keine Antwort geben. Es gibt keinen magischen Moment, keinen Auslöser, an den ich mich erinnern könnte. Für mich war die EAV schon immer da. Ich kannte sie aus dem Fernsehen, ich kannte sie aus dem Radio, ich kannte sie aus leiernden Kassettenrekordern meiner Freunde, ich kannte sie von Klassenfahrten. Irgendjemand im Bus hatte garantiert eine EAV-Kassette dabei und bot sie dem mürrischen Busfahrer an. Sie war immer da.
Wenn ich Freitag Abend mit dem Kassettenradiorekorder der Sendung „Schlager der Woche“ beim Radiosender Bayern3 lauschte, um die aktuellen bayerischen Single- Charts zu erfahren, dann kam sie sehr oft: meine Verunsicherung. Wenn ich samstags die Sendung „Wurlitzer“, eine Jugend-Videoclip-Musiksendung auf ORF1, sah, dann war die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass sich ein Anrufer das Video vom „Märchenprinz“ wünschte. Mit einer ähnlichen Regelmäßigkeit konnte man nur noch „Say, Say, Say“ von Michael Jackson und Paul McCartney erwarten. Seltener wurde leider mein damaliges Lieblingslied „Go Karli Go“ gespielt. Nur einmal im Jahr war bei „Wurlitzer“ etwas wichtiger als die EAV: An meinem Geburtstag klebte ich am Bildschirm, um meinen Namen in der unlesbar schnell runterscrollenden Liste der Geburtstagskinder zu suchen.
Sehr gut kann ich mich daran erinnern, wo und mit wem ich die einzelnen Alben zum ersten Mal anhörte. Meine erste LP war ein Best-of-Album namens „Das Beste aus guten und alten Tagen“. Es war eine wahre Fundgrube für mich. Obwohl im Comic auf der Rückseite dieser LP der Text von „Heisse Nächte in Palermo“ abgedruckt war und dadurch einige Textschwierigkeiten beseitigt werden konnten, blieben noch genügend Rätsel übrig. Was ist die „Camorra“? Was bedeutet „Quanta costa“? Es war spannend. Es waren auch viele Lieder drauf, die ich noch nicht kannte, weil sie keine Singles waren. Sie klangen aber befremdlich für meine jungen Ohren. Wer sang denn da? In den Anfangsjahren war Klaus Eberhartinger noch nicht der Stammsänger der Verunsicherung. Und die Texte waren eine größte Herausforderung. Noch heute entdecke ich immer wieder neue, mir bisher unbekannte Bösartigkeiten in den Texten. Die EAV ist in jedem Alter interessant!
Ein sehr prägendes Album war für mich „Neppomuk's Rache“, welches im Jahre 1990 erschien. Ich entdeckte zum ersten Mal in aller Deutlichkeit, wie gesellschaftskritisch die EAV ist. Ich liebte jedes einzelne Lied auf diesem Album. Mir war klar: Sowas möchte ich auch machen. Ich schrieb Texte, die im Nachhinein betrachtet sehr stark von der Verunsicherung inspiriert waren, entwarf dazu Musik mit meinem Yamaha-Keyboard und gründete eine Band: „The Madmasters“. Wir machten mit allem Musik, was uns in die Finger kam: Waschmitteltrommeln, Besenstiele, Kammophon. Dieses Quartett konnte immerhin eineinhalb Kassetten mit Musik füllen - natürlich alles als one take aufgenommen. Wer probt, kann nichts!
Meine „Karriere“ als Songwriter war aber nur von kurzer Dauer. Ich entdeckte irgendein anderes Hobby. Das Interesse an der EAV blieb jedoch ungebrochen. Und auch wenn die EAV mal mehr, mal weniger präsent in meinem Leben war: Sie war immer da. (Oben ist übrigens das selbstgezeichnete Cover des zweiten Albums der „Madmasters“ abgebildet: „Egons Durchbruch“. Ich muss verrückt sein, dass ich das der Öffentlichkeit zeige...)
Autor: Alexander Mayer
Letzte Änderung: 22.06.2006