Neue Helden - Live in Graz - Ein erster Kommentar
Konsum, Konsum! Ab heute kann man die neue Live-CD und die neue Live-DVD „Neue Helden - Live in Graz“ im Handel kaufen.
Die CD
Auf der CD sind neben einem etwas gekürzten Mitschnitt in exzellenter Audioqualität, bei dem durch dezentes Reinmischen des Publikums eine angenehme Live-Stimmung erzeugt wird, vier Bonustracks:
- „Bitte Bier (Maxi Version)“: Außer einer einzigen neuen Textzeile, die sich der Meister des Schüttelreims routiniert aus dem Ärmel gerüttelt hat, gibt es allerdings nicht viel Überraschendes zu hören. Es fällt nur auf, dass die neuen Stellen allesamt von Thomas „Rüttelschelm“ Spitzer gesungen wurden, so als ob Klaus Eberhartinger gar nicht bei der Produktion der Maxi-Version anwesend war.
- Das Demo von „Männer brauchen Tritte“, welches auf der CD etwas irreführend als „Swing Version“ tituliert wird, obwohl ja die Studioversion ebenso goldener Swing ist: In dieser Rohfassung klingt die Stimme von Klaus Eberhartinger sehr roh (ach was?), so als wäre kein Studiomikrofon verwendet worden. Die Instrumentierung des Songs ist zwar vielfältiger, klingt aber billiger. Für mich ist die Studioversion schöner.
- Das Kein-Lied „Franz spielt Klavier“, das im Stil der Kein-Lieder auf dem Studioalbum gehalten und nicht minder absurd ist: Zum Schluss kommt sogar das im Konzertmitschnitt der CD gestrichene traditionelle Schlusslied „Morgen“ zu einem kurzem Gastspiel. Ein Konzert ohne „Morgen“ ist eben unvorstellbar, auch wenn man es auf einer CD hört.
- Die Krönung der CD ist der frischproduzierte Titelsong „Kriegst a Watschn“ für den neuen Mundl-Film, der im Dezember in die Kinos kommt. Musik und Text hauen gleichermaßen auf die Kacke, dass es nur eine Freude ist. Wir lernen neue Schimpfwörter aus dem reichhaltigen Repertoire der Wiener Gemeindebau-Poeten mit ihrer kaisermühlenbluesesken blumigen Sprache. Wie es sich für die EAV gehört, dürfen politische Kommentare nicht fehlen: „Doch wird es multikulturell, / fährt der Wiener aus dem Fell. / Weil Wien bleibt Wien und mir san mir – so steht’s auf jeder Häuseltür!“. Wie spricht Herr Sackbauer zu Beginn des Songs: „Geh Irmi, leg a g’scheite Platten auf“. Oide, guat aufglegt!
Weil mir die Schnarchnasen von amazon.de mein DVD-Exemplar nicht rechtzeitig geliefert haben und ein Kauf im Laden zeitlich nicht möglich war, muss ein Kommentar zur DVD noch etwas warten. Mal sehen, wann ich die DVD auftreiben kann. Ihr könnt sie trotzdem schon kaufen. Die EAV ist live sehr, sehr gut. Diese Live-Qualitäten haben nun ein würdiges Dokument für die Ewigkeit gefunden. Über das dürftige Booklet und den insgesamt wie ein Schnellschuss wirkenden Gesamteindruck der Hüllen sehen wir mal gnädig hinweg. Denn es heißt nunmal: Content rulez!
Die DVD
Foto: Dietmar Lipkovich (www.gib-mir-musik.at)
Die DVD ist nun bei mir angekommen. Einige Stichworte dazu:
- Audio ist ebenso wie bei der Live-CD exzellent!
- Tatsächlich kommt die Lichtshow, wie von der EAV angekündigt, gut auf der DVD rüber. Nur der Spot, der Klaus Eberhartinger bei seinen Moderationen anleuchtet, macht unvorteilhafte Lichtspiegelungen auf seinem noch mit kräftigem Haupthaar bedeckten Kopf. Das Licht wirkt hier etwas zu stark. Die starke Lichtempfindlichkeit ist sowieso ein Problem von Videokameras. Zu leicht wirkt das Bild unnatürlich wegen der harten Kanten.
- Die Moderationen wurden gestrafft, was der Show gut tut. Damit bremsen sie das Tempo der Show nicht aus. Schön wäre es, wenn auf allen Konzerten so temporeich von Lied zu Moderation und wieder zum Lied gewechselt werden würde. Bei „Dummheit an die Macht“ wurde die Moderation allerdings recht unangenehm holprig geschnitten, man hört immer wieder das Publikum unpassend klatschen.
- Am Anfang des Konzerts gab es einige kleine Pannen beim Licht: Der Pirat war nicht ausgeleuchtet. Einige Male war auch Klaus Eberhartinger nicht im Licht (zum Beispiel bei „Küss die Hand, Herr Kerkermeister“).
- Die Aufnahme wurde mit einigen Bildeffekten aus der Standardtrickkiste von Filmemachern aufgepeppt. Was zum Beispiel bei Burli (Grünstich) gut gelungen ist, stört bei Obama mit dem Allerwelts-Sepia-Effekt, den ich persönlich nicht mehr sehen kann. Es ist unklar, warum Obama auf alt getrimmt werden soll?
- Die Kameraführung finde ich ausbaufähig. Viel zu oft wird die Bühne in der Supertotalen gezeigt, während auf der Bühne etwas spannendes passiert. Die Krankamera bewegt sich häufiger von seinen Bildobjekten weg als hin, so als er würde sie sich vor Details im Bild fürchten. Dann, wenn man gerne sehen würde, was auf der Bühne passiert, läuft die Kamera wild herum, wenn aber nichts passiert, verharrt sie stur in einem Bild.
- Die Bildausschnitte passen generell nicht immer zum Ton. Speziell in der ersten Hälfte der DVD kommt es häufiger vor, dass gerade bei einem kurzen Solopart eines Musikers die Bühne in der Totalen zu sehen ist. In der zweiten Hälfte ist mir dies nicht so unangenehm aufgefallen. Ärgerlich ist, dass gerade Schauspielparts der Roadies und von Eva Bierbaum oft nicht in Nahaufnahme zu sehen sind. So zum Beispiel sieht man die Eloise nicht richtig, bei „Rabatt, Rabatt“ sieht man die Schnäppchenjäger nur immer von der Bühne gehen.
- Die Aufnahme von „Nostradamus“ ist ein gutes Beispiel dafür, dass die gewählten Bilder leider manchmal nicht das Bild wiedergeben, das die EAV vermutlich bilden wollte. Meist sind die Ministranten und der Bischof im Bild abgeschnitten oder etwas „schief“ zu sehen. Wer nicht weiß, was ich meine, sollte die wunderbaren Bilder von Dietmar Lipkovich anschauen. Ich finde, Dietmar fängt die EAV genau so ein, wie sie wirken wollte. Das ist durchaus eine Kunst, die man nicht hoch genug schätzen kann. Das Bild oben ist von Dietmar Lipkovich.
- Der Vorteil eines Videos oder Films ist es, Illusionen, die die Künstler auf der Bühne machen wollten, zu verstärken und besser abzubilden. Während man als Zuschauer vor Ort im Theater zwangsläufig trotz guter Lichtsteuerung manchmal die einen oder anderen Illusion „aufdeckt“, kann dies beim Video nicht passieren. Doch interessanterweise funktioniert die Illusion bei der Neue-Helden-DVD manchmal nicht so. So sieht man beispielsweise bei „Bitte Bier“ Klaus kurz den Eimer vom Kopf wegnehmen. Das mag zwar im Sinne des Brechtschen epischen Theaters gut sein, aber ob es im Sinne der EAV ist?
- Generell finde ich die zweite Hälfte der DVD besser gelungen. Warum auch immer?
- Das Bonusclipchen ist nett, aber viel zu kurz und ohne Inhalt. Lustig ist die im Hintergrund zu hörende Neue-Helden-Version, die wie nachgespielt auf einer Bontempi-Orgel klingt.
Ingesamt finde ich, dass die DVD das Programm, die Musik und die Stimmung im Konzert gut rüberbringt. Ein Wermutstropfen ist aber die etwas uninspiriert wirkende Kameraführung. Dass die DVD recht spartanisch in der Menüführung und beim Bonusmaterial daherkommt, mag ich aber angesichts der Freude über den Mitschnitt nicht negativ werten.
Autor: Alexander Mayer
Letzte Änderung: 09.10.2010