Foto: Ueberreuter-Verlag
Sex, Lachs & Rock'n'Roll
Eine Biografie wird keinen interessieren,
also lasse ich ein Hörbuch transkribieren.
Klaus Eberhartinger erzählte den Journalisten Andrea Fehringer und Thomas Köpf Geschichten aus seinem Leben. Diese wurden in dem Buch „Sex, Lachs & Rock'n'Roll“ niedergeschrieben und im Februar 2008 beim Ueberreuter-Verlag veröffentlicht. Das naheliegende Wort „(Auto-)biografie“ wird im Buch nirgendwo erwähnt. Fast schon beschwichtigend schreiben die Autoren im Vorwort über das Vorhaben Klaus Eberhartingers:
„Er hat sich nicht an dem orientiert, was andere tun. Er hat das gemacht, was zu ihm passt. Er hat seine Stimme zu Papier gebracht. Und damit das Hörbuch zum Lesen erfunden.“
„Hörbuch zum Lesen“ beschreibt sehr treffend den Stil dieses Buches: Es ist ein unablässiger Strom von nicht zwingend zusammenhängenden Gedankenfetzen, den die Autoren, wie sie selbst schreiben, versuchten, in eine einigermaßen logische und chronologische Reihenfolge zu bringen. Leider gelang dies nur zum Teil. An einigen Stellen wünscht man sich, die Autoren hätten nicht nur ein „Hörprotokoll“ geschrieben, sondern mehr nachrecherchiert und nachgefragt. Einige Stellen sind ungenau und hinterlassen offene Fragen.
So erzählt Eberhartinger von der Anfangszeit der EAV („Verdient haben wir nix“) und im selben Atemzug von der Nummer „Ibrahim“ (1994), welche soweit bekannt erst im Jahr 2005 bei der „100 Jahre EAV“-Tour live aufgeführt wurde. Er schreibt „zehn Jahre hat sich die Nummer weiterentwickelt“ und lässt dabei den Leser im Unklaren: Wurde die Nummer nun schon mal in der Vergangenheit gespielt oder ausprobiert? Wahrscheinlich nicht, aber klar wird das aus dem Geschriebenen nicht, zumal er im nächsten Satz wieder vom „Alpenrap“ erzählt, welcher im Jahr 1983 rauskam.
Weiter schreibt er von „Nepomuks Rache“ (sic!), dass dies die größte Show gewesen sei, die die EAV jemals machte. Hieß es nicht mal, dass „Nie wieder Kunst“ noch aufwändiger war? Oder meinte er die Größe der Bühne? Alles ist wohl relativ, auch Größe. „Nie wieder Kunst“ wird im Buch übrigens mit keinem Wort erwähnt. So wie es geschrieben steht, erhält der Leser fälschlicherweise den Eindruck, dass die EAV nach der „Neppomuk-Tour“ Pause gemacht habe. Dabei war es aber nach der „Kunst-Tour“. Überhaupt muss man allein der EAV wegen dieses Buch nicht kaufen. Auf den ca. 50 Seiten über seine 27 Jahre bei der EAV steht wenig Überraschendes.
Fährt Klausi durch die Sahara,
wird es noch viel interessanta.
Interessanter sind die Ausführungen über die Jahre vor der EAV. Besonders die Afrika-Reise wurde von Klaus Eberhartinger noch nie zuvor so detailliert und eindringlich geschildert. Dies ist auch der Teil des Buches, der mehr Handlung und weniger Eberhartinger'sche Meinungsbilder enthält. Allgemein kommen sehr viele Personen in dem Buch vor und für jede hat er einen Kommentar bereit: Schulfreunde, Ex-Freundinnen, Ex-Sexpartnerinnen, Bandkollegen und Familienmitglieder. Insbesondere über seinen Sohn schreibt er überraschend viel Persönliches inklusive der üblichen peinlichen Details, die Eltern so gerne jedem Fremden bei jeder Gelegenheit erzählen.
Auch außerhalb der EAV-Zeit bleibt so einiges unklar: So schreibt er, dass er nach dem Abbruch des Medizin-Studiums gejobbt habe als Fensterputzer in Schweden, in Belgien in der Pension seiner Freundin Daisy, mit der er fünf Jahre zusammen war, und im Winter als „Aprés-Skilehrer“. Dies sei notwendig gewesen, weil ihn sein Vater nicht mehr finanzieren wollte. Hat er nun diese Jobs während des Soziologie-Studiums gehabt oder hat er erst nach der Afrika-Reise angefangen zu studieren? Aber was soll dann folgender Satz bedeuten, der im Kapitel über Afrika zu lesen ist: „Das Studium kann warten“?
In einer anderen Kurzbiografie („Ganz privat“, P. Pauswek, G. Teufel, List & Partner Verlag, 1995) lässt Klaus Eberhartinger schreiben, dass er drei Jahre am Stück die Jobberei als Fensterputzer und als Skilehrer durchgezogen habe, allerdings erst nach dem Abbruch des ersten Anlaufs seiner Dissertation in Soziologie. Beim Einstieg in die EAV war er laut diesem Text bereits beim zweiten Anlauf zur Dissertation, aber eben nach der Jobberei. Wie war nun der chronologische Ablauf genau? (Natürlich könnten bei diesem Text schlichtweg die Autoren etwas falsch verstanden haben.)
An diesen offenen Fragen sieht man, dass Klaus Eberhartinger gut daran tat, nicht von einer Biografie zu sprechen. Müsste man dieses Buch an den Standards einer Biografie messen, so müsste man einige Mängel attestieren. Doch dieser Vergleich wäre unfair. „Sex, Lachs & Rock'n'Roll“ muss man als das lesen, was es ist: durch und durch Klaus Eberhartinger. Es ist ein großes Vergnügen, ihm beim Fabulieren zuzuhören. Zuhören! Man hört ihn regelrecht beim Lesen. Auch wenn der plappernde Stil manchmal anstrengt, überwiegt doch der Spaß, den man an den pointenreichen Erzählungen aus Klausis Welt hat. Nur die bemüht komischen Kapitelüberschriften hätten sich die Autoren sparen können.
Willst Du 'ne Bio von Klausi schreiben,
musst Du an der Wahrsager-Kugel reiben.
Postscriptum: Zum Schluss des Buches kritisiert Klaus Eberhartinger (zurecht!) die Medien, die manchmal mehr an Skandalen als an Wahrheiten interessiert seien. Doch man sollte auch zu denken geben: Wie soll man Korrektes über Klaus Eberhartinger schreiben, wenn er selbst teilweise nur verschwommene Fakten schreibt? Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie widersprüchlich sich Klaus Eberhartinger manchmal äußert und wie gerne er dann die dabei entstehenden Probleme denjenigen anlastet, die ihn korrekt zitiert haben. Aus diesem Grund und weil die Fakten stellenweise weiterhin unklar sind, wird es auch nach Erscheinen von „Sex, Lachs & Rock'n'Roll“ leider keine Kurzbiografie von Klaus Eberhartinger auf verUNsicherung.de geben können.
Autor: Alexander Mayer
Letzte Änderung: 26.07.2008