Weil ich es will
Gut abgehangen: Am 21. Dezember 2008 hat das EAV-Fan-Forum das Leid der Welt zum ersten Mal gesehen. Seitdem haben die vielen aktiven EAV-Freunde dort den kundigen Lesern viele erhellende Momente über Aspekte der EAV, die niemand zuvor hinterfragte, geschenkt. Es wurde diskutiert, gefragt, geantwortet, Wissen geteilt und Neuigkeiten aus den Medien aufgespürt. Es ist eine aktive und eingeschworene Community, die das Niveau der Inhalte nur deshalb so hoch hält, um vom eigentlichen Zweck des Forums abzulenken: Es ist eine Selbsthilfegruppe für Verunsicherte, vom Wahnsinn geschädigte und schwer vermittelbare Musikfreunde.
Schön ist es dort, doch die schillernde Fassade der gut aussehenden und intelligenten Forums-Stars konnte in den letzten Monaten immer weniger verbergen, dass es unter dem Putz des Forums bröckelt. Die Baumasse ist angeschlagen. Nur mit Mühe konnte man im Maschinenraum von verUNsicherung.de alles am Laufen halten. Ich musste während des Urlaubs auf die Schnelle eine defekte Festplatte wieder lauffähig machen, täglich haben die Spammer sich für das Forum registriert und kroatische Ferienwohnungen, Viagra und Fahnen feilgeboten. Nicht, dass die gutaussehenden Forum-Stars gerne auch mal in Kroatien Urlaub machen würden und die Ehe mit Viagra und einer zünftigen Bayern-Fahne im Vorgarten aufpeppen würden. Aber ungefragt ist Werbung dann doch lästig. Die verwendete Forumssoftware JForum wurde seit der ersten Installation nicht mehr aktualisiert. Das OpenSource-Projekt ist eingeschlafen — eine Software, die nicht weiterentwickelt wird, ist tot. Es bröckelte also. Die Festplatte ist angeschlagen, die Software im Wilden Westen des Internets immer mehr Ziel von Werbedrohnen. Eine Lösung musste her.
Während vor einigen Jahren noch Foren von den Hipstern für tot erklärt und Facebook zum Nachfolger gekürt wurde, hat man das Hirn mittlerweile doch wieder eingeschaltet und erkannt, dass ein Forum einen gänzlich anderen Zweck als Facebook erfüllt: den Aufbau einer Gemeinschaft von Gleichgesinnten und den Aufbau einer Wissensbasis, deren Inhalte auch nach 9 Jahren jederzeit auffindbar und verlinkbar sind. Diesem Trend ist es zu verdanken, dass es nach Jahren der Stagnation auf dem Markt der Foren eine neue und moderne Forumsoftware gibt, die höchsten Ansprüchen genügt: Discourse. Der Haken: Es gibt keine Möglichkeit, die Benutzer und Postings des alten Forums in das neue Forum zu übertragen. Es sei denn, ich erweitere die Software um den Import selbst.
Hier bin ich dann an einem Punkt gelangt, an dem ich mich fragen musste, ob ich diesen Aufwand weiter treiben möchte. Zum einen benötigte ich einen neuen Server, der mich im Jahr so viel kostet wie manche für einen Computer ausgeben. Zum anderen muss ich viel Zeit investieren, um aus dem Nichts eine mir unbekannte Software zu erweitern, die in einer Programmiersprache geschrieben ist, die ich kaum kenne (Ruby). Lohnt sich das? Da stellt sich mir wiederum die Frage, die mir in letzter Zeit häufiger aus dem Umfeld der EAV gestellt wird: Warum mache ich das? Nach reiflicher Überlegung weiß ich nun, was mich treibt:
Weil ich es will!
Die Website verUNsicherung.de sowie das EAV-Fan-Forum sind seit jeher meine persönliche Spielwiese. Sie sind Ausdruck meines Selbsts, meiner Ideen, meiner Ziele. Ich nutze meine Arbeit für verUNsicherung.de stets dazu, etwas Neues zu lernen, Ideen auszuprobieren, Textspinnereien formulieren zu können, ohne irgendwelche Kompromisse eingehen zu müssen. Ich bin weder Pressesprecher von irgendjemanden, noch werde ich bezahlt für das, was ich mache. verUNsicherung.de wäre tot, sobald ich dafür bezahlt werde. Das ist meine feste Überzeugung. Es muss intrinsische Motivation sein, die mich treibt, nicht die Vorgabe von jemand anderen. Menschen, die stets den Weg des Geldes und des Erfolges suchen, sind getrieben von Zahlen und Ergebnissen. Sie betreten oft ausgetretene, einfache oder komplexe aber langweilige Pfade. Ich muss vom eigenen Qualitätsanspruch getrieben sein. Menschen, für die Qualität kein Kriterium ist, werden es nie verstehen, warum jemand Spaß daran hat, etwas zu tun, was aus seiner Sicht gut ist, was einen Mehrwert bringt, was vielleicht sogar etwas Neues ist. Sie sehen weder die Komplexität des Neuen als reizvoll an, noch dass aus etwas Neuem auch etwas besonderes werden kann. Dass das, was ich mache, auch noch erfolgreich ist, hat nichts damit zu tun, dass ich für den Erfolg arbeite, sondern es ist Folge meiner Arbeit.
Es ist also purer Egoismus, der mich treibt. Das EAV-Fan-Forum ist einfach gut und die Freunde dort sind mir zu wichtig, als dass ich ohne sie und ihre Beiträge zum Wahnsinn der EAV leben möchte. Also mache ich mir die Arbeit und lerne eine mir bisher nicht gerade bekannte Programmiersprache, schreibe ca. 1600 Zeilen Code in einer mir bisher nicht bekannten Software und nutze jede freie Minute, um das Forumsmonster endlich fertig zu bekommen. Die meiste Arbeit habe ich in Kenia in den Ferienappartments von Thomas Spitzer erledigt, wenn ich nicht gerade die Affen vom Frühstücks-Ei mit Sucuk-Wurst fernhalten musste oder im Studio Mäuschen spielen durfte.
So sind also ca. fünf Monate ins Land gezogen — vom Serverumzug über die Programmierung des Forum-Imports bis hin zum ausgiebigen Testen und Rundschleifen des Imports und dem abschließenden Einrichten und Installieren der neuen Forumssoftware. Hätte ich die Arbeit als bezahlten Job gemacht, hätte ich eine fünfstellige Summe dafür bekommen. Das ist zwar schönes Geld, aber ich hätte vielleicht nicht das bekommen, was ich jetzt bekommen habe: Ich habe das, was ich will.
(Herzlichen Dank an Almut, Wolfi und Florian für das Testen der neuen Software!)
Autor: Alexander Mayer
Letzte Änderung: 19.11.2017