Notizen über die allgemeine Verunsicherung

Der Tod

Es ist zwölfe bei der Nacht,
draussen geht der Sturm.
Die Totenglocken läuten,
scho wieder muss ona in die Gruabn.

Der Tod ist ein gerechter Mann,
ob'st oarm bist oder reich.
„G'sturb'n ist g'sturb'n“, sagt der Wurm.
Als Leich' ist jeder gleich.

Du kannst Dein Lebtag faul sein
oder umeinander g'schaftln.
Fünf Tag, nachdem der Tod eintritt,
fangt jeder an zum Saftln.

Und wie i so dahin sinnier
über'n Sensenvater,
Hör i draußen einen Schrei:
Der Alk g'friert in der Ader!

„Jedermann!“
„Jedermann!“

Schwarzer Mantel, schwarzer Hut,
a schaurige Figur!
Und er hat a Sens'n
und a Eieruhr!

Langsam kommt er näher,
pumpert an die Tür.
Ich riech' an Hauch von Moder
und er sagt zu mir:

Grüß Gott!
I' bin der Tod!
Vorbei is Deine Not!
Kum', dei Zeit is um!
Geh', moch ka Theater!
I bin's, der Gevatter.

Ich sag zum Gevatter:
„Treten's ein, und kommen's näher.
Nur Sens'n kauf ich kane,
i hob' an Rasenmäher!“

„Sie müssen furchtbar hungrig sein.
Sie san ja nur mehr Knoch'n!
Soll' ich vielleicht an Jägertee
oder a Supperl kochen?“

Den erst'n Tee, den nimmt er ex,
haut ihn sich ins Gerippe.
Er verbrennt sich nur die Zähn'd,
weil ihm fehlt ja die Lippe!

Doch dann nimmt er die Eieruhr,
zu Berg' steh'n mir die Hoar.
Er klopft mir auf die Schulter,
stellt sich ein zweit's Mal vor:

Grüß Gott!
I' bin der Tod!
Vorbei is Deine Not!
Kum', dei Zeit is um!
Geh', moch ka Theater!
I bin's, der Gevatter.

Er wetzt die Sens'n und er sogt:
„Bevor ich Dich jetzt niedermäh',
geh, bring mir noch an letzt'n,
an letzt'n Jagatee!“

Doch nach dem fünften Trankerl
wird der Voda locker.
Er beutelt seine Knochen
und steppt am Stubenhocker:

„Jedermann!
Jedermann!“

„Hean's zua, des is ein Irrtum,
ich hoas net Jedermann!
Da müssn's scho' nach Salzburg foahrn,
weil durt is der Tod daham!“

Ich fahr' mit eam zum Bahnhof,
zum Zug muss i eam trag'n.
Ich kauf ihm noch a Kart'n
und setz' ihn in Speisewag'n!

Der Zug rollt an, mir wird ganz leicht,
ich wink' ihm hinterher.
Er wackelt mit der Sens'n
und sogt zum Kantineur:

Grüß Gott!
Ich bin der Tod!
Vorbei is Deine Not!
Kumm, geh Bruder, kumm!
Bring' mir schnell an Jägatee,
Aber mit viel Rum!

Credits

Text: Thomas Spitzer
Musik: Thomas Spitzer, Nino Holm, Eik Breit, Klaus Eberhartinger, Günther Schönberger
Sänger: Klaus Eberhartinger, Thomas Spitzer
Produzent: Peter Müller

Bemerkungen

Der Ausruf „Jedermann“ ist ein Zitat aus dem Theaterstück „Jedermann. Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes“ von Hugo von Hofmannsthal, „Jedermann“, ein reicher Mann, ist die Hauptfigur. Das Stück wird seit 1920 jedes Jahr bei den Salzburger Festspielen aufgeführt. Und nicht nur dort. Sehr viele Festspiele im gesamten deutschsprachigen Raum inszinieren diese populäre Geschichte, in der Gott, der Tod und der Teufel als Personen auftreten (deshalb ist in Salzburg doppeldeutig „der Tod daham“).

Exklusiv auf verUNsicherung.de veröffentlicht: Skizzen von Thomas Spitzer zu „Der Tod“.

Rezension

Diese EAV-Version des „Brandnerkasper und sei ewig Leb'n“ ist wirklich ziemlich gut. Nicht nur die musikalische Friedhofsstimmung sondern auch der bitterböse schwarze Humor passen perfekt zueinander.

Mit am Jagatee kommts noch besser: Note 1

Publikationen

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Varianten

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Dieses Lied kommt in folgenden Liedern als Liedteil oder als Zitat vor:

Live

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